TagebuchINDIEN

Iljas Indien-Reisetagebuch

Aufbruch in die Ferne - 23.06.

Nach vielen Tagen voller Stress im Job wie auch privat finde ich endlich die Ruhe, zu packen. Mit etwa 16kg kommt dabei ein ganzes Kilo weniger heraus, als 2004 für nur drei Wochen Nepal. Und das trotz Spiegelreflexkamera. Wenn das nur mal gut geht...
Um 18:14 Uhr steige ich zu Gudrun und Uli, der meine Tickets und einen Seesack für mich dabei hat, in den ICE nach Frankfurt. Nachdem ich mein Gepäck im Seesack verstaut habe, treffen wir in Frankfurt auf Annette, Barbara, Raphaela, Claus und Olaf. Unsere Maschine startet pünktlich um 22:30 Uhr.

Flug und Ankunft New Delhi - 24.06.

Bei der Zwischenlandung in Doha greifen wir Eva, Heide und Monika auf, die aus München angeflogen sind. In der Zeit bis zum Abflug bereiten wir die Spendenpostkarten vor. Fehlende Briefmarken werden ergänzt und die Karten von allen unterschrieben.
Gegen 16:00 Uhr (Ortszeit) landen wir auf dem Indira Gandhi International Airport im heißen Neu Delhi, wechseln Euro in Rupien und werden äußerst freundlich von Captain Kailash Zadu in Empfang genommen, der die Organisation in Indien vorgenommen hat. Ein Kleinbus bringt uns zum Blue Triangle des YWCA (Christlicher Verein junger Frauen). Von hier aus besichtigen wir kurz die Innenstadt und essen in der eiskalten Coconut Grove zu Abend.
Heide möchte sich ihre Jacke aus dem Hotel "um die Ecke" holen, verpasst einen Abzweig und ist verschwunden. Uli macht sich auf die Suche und kehrt, nachdem wir bereits gegessen haben, tatsächlich mit ihr zurück. Unvergesslich wird das Bezahlen bleiben: Da wir für den Trek die großen Geldscheine wechseln möchten, zahlen wir getrennt und überfordern damit am Ende ganze sechs Mitarbeiter des Restaurants.
In unserer Unterkunft schafft es die Klimaanlage rasselnd und klappernd, die Zimmertemperatur für die Nacht auf erträgliche 25° Grad zu senken.

Humayuns Tomb, New Delhi - 25.06.

An unserem ersten freien Tag in Delhi besichtigen wir Humayuns Tomb. Derzeit wird das Mausoleum aufwändig restauriert. Erbaut bis 1570 und offizielles Weltkulturerbe, zeigt es viele Details, die sich im erst 1648 errichteten Taj Mahal wieder finden. Da sich Pauschaltouristen lieber zum 200 km entfernten Taj Mahal fahren lassen, genießen wir die herrliche Ruhe und lassen unter den Bäumen der Parkanlage entspannt die Seele baumeln.
Im nahe liegenden Sikh-Tempel nehmen wir im Gurudwara an der öffentlichen Speisung teil. Kultur pur: Barfuss, auf dem Boden sitzend, reicht man uns Brot und Linsen. Solange man möchte, wird nachgereicht - so wird jeder satt. Gut gewürzt, aber wirklich sehr lecker. Das Geschirr wird nacheinander in drei Becken für die Nächsten gewaschen. An europäische Hygienemaßstäbe sollte man in Indien aber generell keine großen Gedanken verschwenden.
Das Kaffeetrinken im (pardon) Pizza-Hut in Delhi gestaltet sich deutlich komplizierter: Die Kaffeemaschine ist defekt und niemand da, der sie reparieren könnte. Nach einem kleinen Imbiss findet sich aber doch noch ein Café, das wir vor der Busfahrt nach Manali aufsuchen. Gegen 19:00 Uhr starten wir dann mit dem Übernacht-Bus. Ein starker Motor und zwei gute Fahrer bringen uns in einer sagenhaften Zeit ans Ziel. Eine reguläre Hupe und eine für "Auch wenn Du keinen Platz machst: Ich überhole jetzt." verschaffen uns eine nahezu bremsfreie Fahrt.

Overnight-Bus: Delhi>Manali - 26.06.

Das Tempo ist so hoch, dass an der Frühstücks-Station noch alles schläft. Unser freier Tag in Manali wird knapp zwei Stunden länger, als geplant und wir besichtigen den tibetischen Tempel im Ortskern. Knapp 15 Gehminuten oberhalb liegt mit einem herrlich grünen Ausblick das altenglische Sunshine Guest House, wo wir von Kailashs Tochter Ash (Ashukosha) und Schwiegersohn Vinay in Empfang genommen werden.

Willkommen in Manali - 27.06.

Einmal nicht aufgepasst... ein Glas kaltes Wasser zur Begrüßung und schon werden bei mir unangenehme Erinnerungen an Nepal wach. Den freien Tag verbringe ich vorbeugend in der Nähe der Toilette und schone meine Kräfte für den bevorstehenden Trek.

Marhi > Rohtang Jot > Gramphu - (Trek1) - 28.06.

Mit einem kleinen Bus fahren wir die extrem kurvige, und an vielen Stellen notdürftig geflickte Straße zum Rohtang Jot hinauf, um in Marhi zu unseren Begleitern mit den Pferden zu stoßen. Dort verabschieden wir uns für's Erste auch von Kailash und seiner Familie.
Ich laufe mal wieder nur mit halber Kraft, schaffe aber dank Ram Singh, Olaf und Anil die 600 Höhenmeter auf den Pass. Hier herrscht Volksfest-Stimmung, und zahlreiche Inder freuen sich an den kargen Schneeresten, sehen sie doch teilweise zum ersten Mal in Ihrem Leben Schnee. Auf dem Weg kann man warme Kleidung leihen und oben gibt es Verpflegung und Schlittenservice.
Der Rest der Truppe ist zwar schon vor uns angekommen, aber nirgendwo zu finden. So steigen wir vier ohne die Anderen 400 Meter ab zu unserem Lagerplatz bei Gramphu. Meinen Rucksack kann ich bergab wieder selbst tragen, und nach einem kleinen Zeltaufbaukurs nehmen wir im Essenszelt das hervorragende, mehrgängige Abendessen ein. Wie die Pizza zubereitet wurde, bleibt mir ein Geheimnis.
Es war ein harter Tag für mich, den ich nur dank der Hilfe meiner Begleiter mit Ach und Krach geschafft habe. Meiner Verdauung geht es noch nicht besser und bald verschwinde ich zitternd im Zelt.

Chhatru > Dadarpul CG - (Trek1) - 29.06.

"Tea? Milk? Sugar?" Diese Weckzeremonie wird uns von nun an begleiten. 30 Minuten später gibt es ein reichhaltiges Frühstück und eine gut gefüllte Lunchbox. Dann brechen wir auf und nehmen mit zwei weglosen Steilabstiegen den Serpentinen der Straße ihren Schrecken. Bald schon erreichen wir den Chandra, dem wir von nun an folgen.
In Chhatru trinken wir Tee und folgen weiter der Fahrstraße, bis wir den Zeltplatz Dadarpul erreichen. In seiner Bodenbeschaffenheit kann er fast einem EU-Campingplatz das Wasser reichen und die Verpflegung ist wieder spitze! Leider bleibe ich vorerst noch bei Schonkost.

Chhota Dara > Batal CG - (Trek1) - 30.06.

Heute brechen wir etwas früher auf, denn wieder steht uns ein langer Marsch entlang der Straße bevor. Straße ist übertrieben, denn unseren Füßen bekommt der Weg deutlich besser, als den täglich knapp 30 Autos. Kaum zu glauben, dass es sich um die Verbindungsstraße von Manali und Spiti handeln soll. Uli begrüßt in Chhota Dhara herzlich Chhedan Phuntshok, den Chaukidar (Verwalter) des Rest Houses. Nach einer Tee- und Stärkungspause wandern wir weiter und erreichen schließlich unser heutiges Ziel, einen Campingplatz, der etwas versteckt hinter Batal liegt.
Kaum einer, dessen Glieder nicht lahm sind. Erste Blasen und Muskelkater machen sich in der Gruppe breit. Der Weg war aber dennoch schön: Die Straße führt durch Riesenkiesel, vorbei an Erdpyramiden und mit Blick auf das Ende eines der längsten Gletscher Indiens. Ein wilder Gletscher ragt aus einem Sattel hervor und der Chandra zeigt sein altes, immer breiter werdendes Flussbett.

> Chandra Valley - (Trek1) - 01.07.

Wir überqueren die Brücke nahe unserem Nachtquartier und steigen ein wenig hinauf. Dann zweigt nach links die Straße zum Chandra Valley ab, der wir folgen. Ein tolles Panorama bietet sich mit vielen schneebedeckten Gipfeln links von uns. Darunter der CB14, der uns mit seinen beachtlichen 6078m vor dem blauen Himmel lange fasziniert.
Eine etwas zu lässige Bachüberquerung beschert mir kurzzeitig einen nassen Fuß. Dann führt der Weg leicht hinab und die Umgebung wechselt von Schutt auf grün begraste Hänge. Ein steiler Anstieg macht uns deutlich, wie hoch wir bereits sind. Noch ein kurzer Weg auf der Höhe, und wir erreichen den "Mondsee" Chandra Tal, von Einheimischen auch "Chandertal" genannt. Am Südufer schlagen wir unser Camp auf.

Ruhetag am Mondsee - (Trek1) - 02.07.

Unser Ruhetag am Mondsee beginnt mit der erfolglosen Suche nach einer Opferzeremonie der Hirten. Ich lerne nahezu jeden "Gipfel" des Rückens direkt am See kennen, bis wir das Nordufer erreichen. Am Ufer entlang "faulenzen" wir zurück zu unserem Lager. Von nun an genieße auch ich die reichhaltigen Abendessen, da meine Probleme vorbei zu sein scheinen.

> Kunzom La - (Trek1) - 03.07.

Frühstücken, zusammenpacken und los geht es. Wir kehren in das Tal zurück, aus dem wir gekommen sind und steigen am Hang empor. Der Weg ist angenehm, mit ein paar wenigen, etwas ausgesetzten und schmalen Stellen. Bereits gegen Mittag erreichen wir den Pass Kunzom La. Dort erwartet uns bereits Captain Kailash mit Vinay, drei Jeeps und dem tanzenden und lachenden Lama Chhawang Dorje, der eine Puja für uns hält und uns einige Tage begleiten wird.
Dann bringen uns die drei sicheren und schnellen Fahrer der Jeeps durch das Spiti Valley ins Pin Valley. Die Fahrt ist ein beeindruckendes Erlebnis: Enge und z.T. kurvige Straßen führen an unzähligen Erdpyramiden vorbei durch atemberaubende Schluchten. Die Aussicht wechselt stets, und die Felsformationen zeugen von der ungeheuren Kraft von Mutter Erde. Kurz können wir auch Einblick in das Tal nehmen, in dem wir unseren Trek zum Parang La beginnen werden.
Zunächst führt uns der Weg aber in Sachen Kultur nach Kungri ins Pin Valley. Im Guest House des Klosters ist nicht genügend Platz und so übernachten Kailash, Vinay, Claus und ich im Kloster selbst. Bis in den frühen Morgen hinein halten uns laute Klänge aus dem Tempel wach.

Choling Kloster, Steinebrechen - 04.07.

Das Kulturprogramm beginnt mit der Besichtigung eines alten Tempels aus dem 8./9. Jahrhundert, direkt unter dem Choling Kloster. Er zählt zu den ältesten erhaltenen Tempelräumen des tibetischen Buddhismus und besteht aus drei dunklen Räumen mit unscheinbaren Figuren. Handgemachte, alte Schriften werden nur noch zu speziellen Gelegenheiten hervorgeholt. Nach ein wenig Freizeit erleben wir eine Bucchen-Zeremonie, in der ein Dämon aus einem Stein ausgetrieben wird, indem der Stein zerbrochen wird. Diese Zeremonie stammt aus dem 13. Jahrhundert, und es gibt sie nur noch im Pin Valley.
Dann lädt uns Lama Dorje ins Haus seines Bruders ein, wo es Chhang für uns gibt. Beim Abendessen fehlt Ram Singh, der, wie wir erst später erfahren, heute das hervorragende Essen für uns zubereitet hat.

Maskenfest, Dhankar, Lhalung - 05.07.

Der Zufall hat unser Programm erweitert und uns wird ein Maskenfest im Choling Kloster geboten. Die Musik zu den Tänzen kommt Claus und mir sehr bekannt vor, missgönnte sie uns doch vorletzte Nacht den Schlaf. Das Farbenspiel der Kostüme entschädigt uns nun dafür. Joker halten den Platz frei und unterhalten in den Pausen das Publikum. Aus unerfindlichen Gründen gucken sie sich uns als Spielpartner aus. Vor allem Uli und Olaf schlagen sich tapfer.
Leider müssen wir das Fest vorzeitig verlassen, da uns das offizielle Kulturprogramm nach Dhankar ruft. Auf dem Weg werden wir kurz von Steinschlag aufgehalten. Lama Dorje und die Fahrer passen einen geeigneten Augenblick ab, in denen die Jeeps die Gefahrenstelle glücklich passieren können. Von der Gegenseite sehen wir dann auch den Grund: Eine Schafherde zieht oberhalb im Steilhang vorbei.
Das alte Kloster in Dhankar ist ein Traum: Eng und verwinkelt schmiegt es sich in den Fels. Nebenan stehen einige Erdpyramiden. Weiter geht es mit dem Jeep nach Lhalung. Dort versteckt sich ein Tempel völlig unscheinbar zwischen den Häusern. In ihm verbergen sich alte Kulturschätze, die vor Umwelteinflüssen geschützt werden müssen. Eine Gruppe Frauen tanzt draußen in traditionellen Kostümen, drinnen hält Lama Dorje für uns eine Puja ab.
Im Anschluss sind wir bei Lama Tanzing zum Tee eingeladen und besprechen eines der geplanten Spendenziele. Ein kostenpflichtiger Campingplatz soll entstehen und Geld zum Erhalt der Kulturschätze einbringen. Ein Projekt, dessen Spendentauglichkeit in der Gruppe Zweifel aufwirft. Erst spät treffen wir mit den Jeeps in Kaza ein.

Kaza - 06.07.

Unseren freien Tag in Kaza verbringen wir u.a. mit Wäschewaschen und Wehwehchen kurieren. Unsere Unterkunft soll das beste Hotel am Platz sein und im Essensraum gibt es sogar einen Fernseher mit den Highlights der Fußball-WM. Heute ist auch der Geburtstag des Dalai Lama. Der Tempel nebenan ist besonders bunt geschmückt. Auf dem Schulhof nahe der Innenstadt gibt es ein paar Festivitäten. Noch ein paar Filme kaufen, denn das Kulturprogramm hat den Vorrat erschöpft. Ein kurzer, telefonischer Gruß nach Hause, das war's dann auch schon.
Das Abendessen in einem Restaurant der Stadt erweist sich deutlich zeitaufwändiger, als geplant. Von dort geht es denn direkt ins Bett. Nebenan ist eine Hochzeit in vollem Gange - 5 Tage sollen die Festlichkeiten andauern.

Ki Gompa, Gete, Lamma Chung Chaun - 07.07.

Als wir mit dem Jeep nach Ki Gompa aufbrechen, hat die "Leistungstruppe" bereits mit der 12-stündigen Durchschreitung der Shilla-Schlucht unter der Führung eines speziellen Guides (Angdui Norbu) begonnen.
Vom Kloster aus erklimmen wir den steilen Hang nach Gete. Im oberen Teil haben fleißige Hände Treppenstufen und Mauern eingefügt. Die Sonne ist heute unerbittlich - Schatten gibt es keinen. Am Scheitelpunkt nach Tashigang trenne ich mich von unserer kleinen Gruppe. Der nahe Gipfel sieht einfach zu verlockend aus. Etwa eine Stunde später stelle ich fest, dass ich zwar die Zeit exakt, aber die Höhe völlig falsch eingeschätzt habe. Ziemlich erschöpft erreiche ich nach einer weiteren Viertelstunde den Gipfel des Lamma Chung Chaun und damit den bisherigen "Höhepunkt" meines Lebens. Leider ist niemand zum Feiern mit hier oben, denn vom Gipfel aus bieten sich mir ein fantastisches Panorama mit unzähligen, zum Teil schneebedeckten Gipfeln und ein tiefer Blick hinab ins Spiti-Tal und auf Kaza.
Ein Abstieg in Eile, denn die Anderen sind bereits auf dem Rückweg. Die Sonne hat kein Erbarmen mit uns und mit den letzten Wasserreserven erreichen wir das Kloster Ki Gompa, das uns, malerisch auf und in einen freistehenden Felsen gebaut, auch als Quartier für die Nacht dienen wird. Erschöpft sind wir alle der Meinung, dass es heute ein traumhaft schöner Tag war. Abends feiern wir den Geburtstag von Heide und unserem Lama Dorje. Spät am Abend fällt Raphaela die schwere, aber vermutlich richtige Entscheidung, dass Sie uns auf dem langen Trek nicht begleiten wird.

Kibber > Thaltak - (Trek2) - 08.07.

Ein letztes Mal vor der Passüberschreitung nehmen uns die Jeeps ein Stück des Weges ab. Am Treffpunkt ist noch nichts von unseren Horsemen und den Pferden zu sehen. Sind wir falsch? Dann können wir sie endlich mit dem Fernglas ausmachen und etwa eine Stunde später steigen wir hinter Kibber etwa 150 Meter in eine verspielte Schlucht hinab.
Dann beginnt ein Aufstieg in der Sonne, den wir trotz der Anstrengungen des Vortags alle erstaunlich gut schaffen. Die Pausen fallen etwas länger als gewöhnlich aus und die Trinkvorräte werden langsam knapp. Auf etwa 4700 Meter gehen wir davon aus, dass wir erst noch ein großes Stück ab- und dann wieder aufsteigen müssen, um Thaltak für die Nacht zu erreichen. Umso erfreuter sind wir, als wir bereits nach kurzem Abstieg auf unsere Zelte, die Crew und die Pferde treffen.
Um uns herum regnet es, wir aber bleiben trocken. Nach einem erneut hervorragenden mehrgängigen Menü hält uns nichts mehr lange vom Schlafen ab. Mit der unbeantworteten Frage, ob die angenommene Höhendifferenz morgen zusätzlich erklommen werden muss, versinke ich in tiefem Schlaf.

Raglungbi > Boroglen CG - (Trek2) - 09.07.

Nach dem obligatorischen Wecken mit Tee, Frühstück und Zeltabbau beginnt der Tag mit einem atemberaubenden Abstieg. Wir erreichen den Raglungbi, dem wir etwa 1,5 km folgen. Eine kleine Kletterstelle und ein paar weglose Sand-/Schuttpisten erhöhen den Reiz des Abenteuers. Die Pferde müssen an diesen Engstellen später den Fluss queren.
Auf einer Brücke möchte Olaf als farbiges Fotomotiv dienen und zeigt uns, dass die Taschen seiner Treckinghose nicht für einen Handstand geeignet sind. Was genau alles in den Fluten verschwindet, bleibt sein Geheimnis.
Dann zweigt der Weg flussaufwärts nach rechts ab und es wird gnadenlos Höhe gewonnen. Auf einem wackeligen Weg im Schutt steigen wir auf. Eine knappe Stunde vor dem Ziel beginnt es, zu regnen. Es wird kalt und kälter und leichter Hagel gesellt sich hinzu. Durchgefroren erreichen wir den Lagerplatz Boroglen. Kurz darauf stoppt der Niederschlag und wir schlagen unsere Zelte auf. Schnell waren wir und so nutzt ab 14:30 Uhr jeder die Zeit für sich. Ich verkrieche mich zur Wärmerückgewinnung in meinem Schlafsack, aber so richtig warm wird mir vorerst nicht mehr. Sicher hat auch mein nachlässiges Essen damit zu tun, denn nach einer Kartoffel und einem Ei wird es schnell besser.

Parang La > Gletscher > Karsa Gongma - (Trek2) - 10.07.

Heute brechen wir sehr früh auf. Schon um 5:00 Uhr gibt es Tee. Der Aufstieg zum Pass ist nicht besonders spektakulär: Der Weg schraubt sich noch ein wenig ins Tal hinauf. Kurz vor dem Fuß des Passes überholen uns unsere Pferde. Unter voller Konzentration auf Schritte und Atmung noch einmal knapp 200 Meter Aufstieg, und wir haben den Parang La erreicht. Im zugigen Sattel pausieren wir kurz und nutzen die bunten Gebetsfähnchen für die obligatorischen Fotos.
Der Abstieg führt zunächst über einen großen Gletscher, quert dann nach rechts ins Geröll hinaus und steigt zur Gletscherzunge ab. Über eine Schnee-/Eisbrücke überqueren wir den Gletscherfluss und wandern über Schutt und Geröll noch einige Kilometer auf nahezu gleich bleibender Höhe am Fluss entlang das Tal hinab. Kurz nachdem von rechts ein zweites Tal hinzu stößt, erreichen wir Karsa Gongma, unser Nachtlager. Trinkwasser quillt unterhalb des Gerölls aus dem lehmigen Boden. Unsere Crew baut kleine Wehre, um an das wichtige Nass zu gelangen. Nach einiger Zeit bangen Wartens stößt endlich auch Olaf wieder zu uns, der vom Pass aus noch einen Gipfel bestiegen hat.

> Dutung - (Trek2) - 11.07.

Ein "Ruhetag". Nach spätem Wecken folgt unsere erste Flussdurchquerung. Mit Sandalen und kurzen Hosen waten wir durch den Parechu. Wenig dramatisch, wenn auch die Strömung durchaus spürbar ist. Heide findet überrascht eine etwas tiefere Stelle, worauf sie sich erst einmal setzen muss. Nach nur etwa 8 km und einer weiteren Flussquerung (springen oder waten, auf jeden Fall aber unterhaltsam) erreichen wir unseren Zeltplatz Dutung.
Ein seltsames Phänomen: Beim Blick zur Sonne zeigt sich darum herum ein vollständiger, kreisrunder Regenbogen. Zum Abendessen werden wir einmal mehr überrascht: Unter anderem gibt es Bratkartoffeln und Blumenkohl und wir genießen Kirschen mit Sahne...

> Umdung - (Trek2) - 12.07.

Auch heute folgen wir dem Parechu. Nicht immer können wir am Ufer bleiben und steigen dann an den Hängen des Flusses hinauf. Teilweise sind die Wege ernüchternd langweilig, dann wieder alpinistisch anspruchsvoll, und stets bietet das Tal andere Gesichter. Mal ist der Fluss eng gefasst, die Ufer steil, dann wieder in einem breiten Bachbett mit weit verzweigten, flachen Wasserläufen. Nasse Füße bekommen wir nur einmal, als wir an ein paar beeindruckenden Erdpyramiden einen Seitenarm durchqueren müssen.
Der Weg nach Umdung zieht sich, und erst nach 6 Stunden können wir die Zelte nahe einiger Lhatses ("Göttersteine"/Manimauern) aufschlagen. Ein sehr großer Greifvogel mit gespaltenen Flügelspitzen und hellem Kopf (vermutlich ein Lämmergeier) gleitet auf Beutesuche, nur knapp über den Steilhängen des Ufers, lautlos dahin und verschwindet schließlich in Richtung Tibet, dessen Grenze nur etwa 15 km von uns entfernt liegt. Wir haben die Mitte unseres zweiten Treks erreicht.

Querung Parechu > "Norbu Sumdo CG"- (Trek2) - 13.07.

Wieder brechen wir, nach einer sternklaren und mondhellen, aber auch kalten Nacht, früh auf. Heute steht die Durchquerung des Parechu an, und je früher wir an der 2,5 Stunden entfernten Stelle dafür ankommen, desto niedriger der Wasserstand. Die Wege sind heute eine wahre Erholung, da nahezu geröllfrei. Dann kommt die Stunde der Wahrheit: Bei Norbu Sumdo gehen wir kein Risiko ein und queren den Parechu an der Sicherheitsleine. Früh genug sind wir und das Wasser reicht nur bis knapp übers Knie. Die Strömung ist deutlich zu spüren, aber ebenfalls unkritisch. Die Gefahr sollte man aber keinesfalls unterschätzen, denn schnell können ein paar Zentimeter mehr die "Kneipp-Kur" lebensgefährlich werden lassen!
Dann kommen wir links um die Ecke und blicken in ein anderes Universum: Hinter einem alten, verfallenen Wachturm öffnet sich uns ein unglaublich weites Tal mit einem grün bedeckten Boden. Nach einer knappen Stunde erreichen wir unseren Lagerplatz und jeder beendet den Tag auf seine eigene Weise. Da mir kein anderer Name bekannt ist, nenne ich ihn "Norbu Sumbo CG". Ich beobachte ein Paar Rotschwänze bei der Fütterung ihres Nachwuchses und versuche, das perfekte Edelweiß abzulichten - das Angebot ist verlockend.

> Tsho Moriri - (Trek2) - 14.07.

Wir machen uns gemütlich auf den Weg zum Tsho Moriri. Hinter einer Art Wall erhoffen wir uns kurz einen ersten Blick auf den See, doch es handelt sich nur um ein kleines Nass, eingerahmt von grün leuchtenden Wiesen. Das Camp einer Nomadenfamilie mit Pferden und Yaks liegt direkt an unserem Weg. Dann erwarten uns unendliche Weiten aus Sand und Steinen. Ein Meer der Trostlosigkeit. Die Luft flimmert und riesige Wolkenbänke ziehen über uns hinweg. Kleine Löcher im Boden lassen uns rätseln, bis einer der Bewohner auf der Flucht seine perfekte Tarnung aufgibt. Etwa 8 cm große Echsen sind hier zuhause. Im Glauben, noch immer gut getarnt zu sein, lässt sich ein Exemplar von mir ablichten.
Als man beinahe glaubt, hier keinen See mehr vorzufinden, taucht in der Ferne ein türkisfarbener Streifen auf. Wir nähern uns der Heimat einiger Wildesel ("Kyangs"). Selbst für mein Tele-Zoom lassen mich die scheuen Tiere nicht nah genug herankommen. So bleibt das Bild der schemenhaften Wesen allein in meinem Kopf.
In der Ferne tauchen die Spitzen der Zelte unserer Crew auf und einige Zeit später erreichen wir Kyangdom, den Lagerplatz in der Nähe des Sees. Heftiger Wind rüttelt an den Zelten. Nach dem Abendessen danken wir unseren Horsemen, die uns morgen in Korzok verlassen werden. Olaf beeindruckt mit einer kleinen Einlage seiner schaustellerischen Kunst (womit, werde ich hier nicht verraten). Während ich vor dem Einschlafen schnell noch diese Zeilen schreibe, singen unsere Crew und unsere Gruppe gemeinsam am Lagerfeuer. Eine zweite, kleine Trekking-Gruppe kontert vom anderen Ende des großen Campingfeldes.

Tsho Moriri > Korzok - (Trek2) - 15.07.

Frösteln weckt mich gegen 4:30 Uhr. Kein Wunder, denn mit einer Innenzelt-Temperatur von 3 Grad haben wir die bisher kälteste Nacht. Aber in einer Stunde gibt es bereits Tee, denn es liegt ein längerer Marsch vor uns. Es geht immer am Ufer des Tsho Moriri entlang. Der 65 km umfassende See gleicht einer Meeresbucht und die kleinen Wellenbrecher verstärken diese Eindruck. Im Licht des Vormittags gewinnen die beiden Gipfel auf der anderen Seite immer mehr an Farbe und Kontrast. Ein gelber Schwalbenschwanz flüchtet erfolgreich als ich versuche, ihn zu fotografieren. Auf dem Weg zum Rucksack landet ein weiterer direkt vor meinen Füßen - Glück gehabt!
Wenig später bekomme ich auch mein erhofftes Bad im riesigen See. Das Wasser ist zwar einen Tick wärmer, als erwartet, aber dennoch kalt. Die ganze Szenerie erscheint mir unwirklich. Es könnte auch ein Strand in Griechenland sein, wären da nicht die hohen Gipfel und läge der Meeresspiegel nicht immer noch 4500 Meter unter uns.
Die Wege bestehen inzwischen überwiegend aus Sand und auch die kleinen Echsen sind wieder zu Gast in unserem Umfeld. Ab und zu knattern graue Heuschrecken in die Luft und zeigen kurz ihre blau/weißen Flügel. Der See wird mit jeder Minute größer und blauer. Dann müssen wir einen kleinen Anstieg durch große Kugeln aus (vermutlich) Sandstein bewältigen. Auch hier wirkt das alles irgendwie künstlich. Auf dem Strand unterhalb der kleinen Anhebung fehlen nur Liegen und Sonnenschirme. Ich frage mich, wo die Hotels, Badegäste und Ausflugsdampfer bleiben - und wieder habe ich die Höhe und die Strapazen auf dem Weg hierher vergessen...
Es folgen große Manimauern mit unzähligen, hübschen Gebetsplatten und nach links gibt es kurz so etwas wie Alpenfeeling, als wir unter tiefblauem Himmel grün eingerahmte Gebirgsbäche vor einem schneebedeckten Kamm passieren. Kurz vor Korzok kommen uns unsere Pferde entgegen. Wir verabschieden uns, da wir nicht mehr auf ihre Hilfe angewiesen sind.
Für die Schönheit des Blicks zurück müssen erst noch Worte gefunden werden. Für den Campingplatz gilt das weniger. Staubig, ein entferntes, offenes Toilettenhäuschen und starker Wind presst den Staub in und durch jede Ritze. Kleine Windhosen entstehen ringsum, eine mächtige lässt den Ort kurz hinter braunem Sand verschwinden. Egal: Der Tag war jedenfalls wunderschön!

Korzok - 16.07.

Ein freier Tag in Korzok, einem Ort im Wandel. Die erst kürzlich geschaffene Straßenanbindung und die damit erwartete Zunahme des Touristenstroms hat den alten Ort, der ursprünglich nur aus dem Kloster und ein paar Hütten bestand, in eine Großbaustelle verwandelt. Einige Toilettenhäuschen wurden errichtet, von denen die Bewohner Korzoks offensichtlich wenig Gebrauch machen. So sollte der Blick beim Gang zu den Stupas hinter dem Kloster stets auf den Boden gerichtet sein.
Diese wiederum zeigen dann ein Highlight des Ortes, denn die Stupas sind mit Manimauern zu einer großen Einheit verbunden. Auf den unzähligen Gebetsplatten liegen auch einige Tierschädel, in die Gebete eingeritzt wurden. Vom Dach des Klosters ist der leise Klang einer Puja zu vernehmen, während ich den Berghang hinter dem Kloster erklimme.
Über das Tal, in dem sich der Campingplatz befindet, sind zwei lange Ketten aus Gebetsfahnen gespannt. Mit einer "Luftaufnahme" unserer Zelte und ein paar Fotos der bunten Gebetsfahnen sind meine heutigen Aktivitäten auch schon fast beendet. Nur noch der Abstieg, die Rückkehr zum Zeltplatz und die Begrüßung von Raphaela und Captain Kailash, die heute wieder zu uns stoßen.

Korzok, "Bharatpur City" - 17.07.

Wecken früh um 5 und Aufbruch bei Nacht und Nebel. In Korzok sollen nur Taxis aus Leh zugelassen sein, während unsere Jeeps jedoch aus Manali kommen. Wir folgen den Straßen durch den Himalaya und nehmen eine Abkürzung durch ein Tal, dessen Fluss offensichtlich sehr salzhaltig ist. Nach einer Kehre erblicken wir eine Abbaustelle von Schwefel und alte Gebäude. Ein kurzer Test ergibt, dass es sich bei den Quellen am Fluss um heiße Quellen handelt. Auf dem Pass halten wir kurz bei Nomaden mit einer großen Herde Pashmina-Ziegen, denn Claus wird um ärztliche Hilfe gebeten. Dann umfahren wir den Salzsee Tsho Kar ("Weißer See") und werden in den Jeeps weiter kräftig durchgeschüttelt, bis wir nach einer kurzen Pause in Pang schließlich die Manali Leh Road (National Highway 21 A) erreichen, über deren Asphalt wir den Lachalung La passieren, einen der höchsten befahrbaren Pässe im Himalaya.
Die Nacht verbringen wir einem der Fallschirmzelte der Zeltstadt "Bharatpur City", die nur ganze 4 Monate im Jahr existiert. Im Dhaba Mount View werden wir gut und überaus freundlich versorgt. Die Nacht ist klar und vermutlich die kälteste, die wir in dieser Freizeit gehabt haben werden.

Baralacha La, Lahoul, Kyelang, Rohtang Jot, Manali - 18.07.

Wir setzen die Fahrt fort und passieren kurz nach dem Start den Baralacha La. Wir erreichen Lahoul (auch mit "Lahaul" bezeichnet). Uli ist überrascht, was sich seit seinem letzten Besuch alles verändert hat. So ist das enge Tal vor der großen Eisenbrücke inzwischen mittig vollständig mit Feldern bewirtschaftet und während wir hinunter fahren, tauchen wir in Weidenwälder ein. Würde nicht der Diesel des Jeeps so laut nageln, könnte man sicher das Laub rauschen hören.
Wir passieren die Distrikthauptstadt Kyelang und wenden uns dann dem Chandra zu. Während wir den Parang La überquert haben, hat hier ein Unwetter 90 Meter Straße fortgespült. Die Behörden veranschlagten für die Wiederherstellung 15 Tage. Das Militär, dass die Straße ebenfalls nutzt, ermöglichte die Befahrbarkeit jedoch bereits in 15 Stunden. Nur an einer Stelle ist noch ein Caterpillar aktiv, der die Straße weiter ebnen soll. Vor unseren Augen gibt dieser seinen Geist auf. Zahlreiche Freiwillige legen Hand an und bewegen einen großen Stein zur Seite, damit zumindest die Jeeps weiterfahren können. Vermutlich schaffen es danach auch die vielen Busse, die sich am Engpass gestaut haben.
Über den Rohtang Jot, an dem zumindest Uli im Vorbeifahren zahlreiche Exemplare des blauen Mohns sichtet, erreichen wir schließlich wohlbehalten Manali. Den Fahrstil unseres Fahrers möchte ich hier lieber nicht kommentieren. Nur eines: Er war schnell, sehr schnell!

Manali - 19.07.

Wir suchen in Manali den Maler Sonam Tanzin auf, der die ca. 1.000 Jahre alte Thangka-Kunst weitergibt. Seine Schüler wohnen bei ihm in Räumen des Shamhala- (Paradise) Hotels und lernen in kleinsten Schritten das Wissen und die Techniken zur Erstellung der unglaublich detaillierten Bildergeschichten. In einigen Vitrinen können wir sowohl farbenfrohe Ergebnisse des Meisters, als auch Beispiele für den Weg dorthin bewundern. In den Thangka-Malereien, die nach den Anweisungen der heiligen Bücher Kanjur und Tanjur erstellt werden, steckt eine exakt ausgewogene Geometrie. Auch wenn es für den Laien so aussehen mag, ist nichts dem Zufall überlassen. Im Mayurs essen wir mit unseren indischen Begleitern zu Abend. Eine lärmende Jugendgruppe verhindert mit einer Geburtstagsfeier den offiziellen Abschied. Als es Uli auch noch sichtlich schlecht geht, verschieben wir diesen auf den nächsten Morgen.

Abschied von Manali - 20.07.

"Erst einmal gilt mein Dank Uli, denn ohne ihn wären wir nicht hier. Dann danke ich auch Captain Kailash herzlich, ohne den Uli vermutlich nicht hier wäre. Ebenso gilt den Teilnehmern aus Deutschland mein Dank, denn es fand sich stets Hilfe oder einfach nur jemand zum Reden. Ram Singh danke ich für die gute Führung durch eine Gegend, in der man tagelang keinem Menschen begegnet, sowie das vermittelte Wissen und den Humor. Und auch Anil ist Dank zu sagen, der sich zuverlässig um jeden kümmerte, der einmal das Tempo nicht halten konnte. Dem "Mann aus dem Dunkeln", Shiv Kumar ("Shivu") danke ich für die hervorragende Verpflegung und immer gut gefüllte Lunchpacks. Es wird mir ein Rätsel bleiben, wie man auf nur einer Kochstelle und ohne den Supermarkt um die Ecke über viele Tage jeden Abend derart gelungene Menüs zaubern kann. Süße Nudeln, Pizza, sogar Kuchen - unglaublich! Ebenso gebührt mein Dank Sher Singh und Gorey, die auf Ram Singhs Signal (Klopfen gegen den Zeltmast) in Windeseile das Geschirr entfernten und die entstandenen Lücken mit neuen Leckereien auffüllten. Wir haben viele Eindrücke gewonnen und nette Menschen kennen gelernt. Wer weiß, vielleicht kehrt der eine oder andere einmal zurück und darf sich wieder von diesem hervorragenden Team durch Indien führen lassen."
Nach meiner Abschiedsrede finde ich endlich noch einen kleinen Laden, der T-Shirts bestickt und kann meinen beiden Neffen eine Kleinigkeit mitbringen. Dann treffen wir uns alle am Busbahnhof und starten unsere Reise zurück nach Delhi. Bei einem Blitzhalt am Tempel der Göttin Hanogi Mata verschafft uns Uli den Segen des dortigen Pujari. Die geweihte Prasad, eine Gabe der Götter, soll uns Glück und Gesundheit bringen.

Overnight-Bus Manali > Delhi - 21.07.

Beim ersten Stopp in einem Hotel hängt ein großes Bild an der Wand: Ein malerischer Tempel im Fels. Das kennen wir doch: Dhankar! Und schon denkt man an ferne Länder und das Erste "Mensch, da sind wir schon einmal gewesen" drängt sich auf.
Nach einer sonst unspektakulären Busfahrt erreichen wir Delhi. Am Ufer des Flusses hocken früh am Morgen immer wieder Menschen. Schlafen die in der Hocke, oder machen die etwa...? Wohl eher "oder"! Abends gehen wir zum Essen ins Kwality.
Auf dem Weg dorthin bedrängen uns bettelnde Frauen und Kinder. Plötzlich stellt Heide fest, dass ihr Rucksack offen ist. Der Inhalt ist stark reduziert, auch Pass und Visum fehlen. Während wir im Kwality zu Abend essen, besorgt Uli mit Heide das Polizeiprotokoll für die "verschwundenen" Unterlagen und einen Termin bei der Botschaft am frühen Morgen.

New Delhi - 22.07.

Wir haben noch Rupies über, die wir beim Einkaufen in Delhi lassen möchten. Auf dem Weg zum Central Cottage Emporium warnt uns ein Inder, dass wir die Gegend wegen einer angekündigten Demonstration besser meiden, und stattdessen in einem, von ihm empfohlenen Einkaufszentrum shoppen sollen. Wir halten jedoch an unserer Idee fest und sehen die Demonstranten vom Café aus vorbei ziehen. Die Blicke, die uns zugeworfen werden, sind ernst und nicht immer angenehm, aber alles läuft friedlich ab. Der Einkauf wird ein voller Erfolg, denn die (staatlich überwachten) Preise liegen noch unter dem Niveau der Straßenhändler.
Uli hat sich bereits früh mit Heide auf den Weg gemacht, um Passbilder, Pass- und Visumersatz zu besorgen. Dank seiner Erfahrung und seinem Verhandlungsgeschick kann Heide, entgegen aller Bürokratie, mit uns zusammen Indien verlassen. Gut organisiert, wie die ganze Freizeit, ist auch der Transfer zum Flughafen. Alles läuft planmäßig, nur der Abschied wird etwas schwer.

Flug und Heimkehr - 23.07.

Über Doha fliegen wir nach Frankfurt. Auf dem Rückflug geht es mir schlecht. Die Erinnerungen an Nepal werden stärker und stärker. Ein Mitbringsel, wie ich später erfahren muss aus der Familie der Campylobacter, wird mich auch in Deutschland noch eine ganze Weile beschäftigen. Diesbezüglich bin ich nun mal leider ein Risikopatient.

Fazit, nach ein paar Wochen Abstand:

Eine ganz andere Form des Trekkings. Weniger Komfort, mehr Einsamkeit. Weniger grün, mehr Höhe. Wünschte ich mir 2004 in Nepal nach der Rückkehr unbedingt ein Brathähnchen, so dachte ich nach den vielen Tagen im Zelt eher an feste Wände um mich herum. Essen und Einschlafen ohne flatternde Zeltbahnen? Ein Traum!

Die Höhe hat sich längst nicht so spektakulär bemerkbar gemacht, wie erwartet, und "mein" Gipfel war mein absolutes Highlight. Dennoch konnte ich feststellen, dass das Zusammenspiel zwischen Atmung und Fortbewegung schon recht genau stimmen sollte, möchte man einigermaßen zügig vorwärts kommen.

Unsere Flussdurchquerungen... nun ja: Dramatisch angekündigt, entpuppten sie sich als eher simple Querungen einiger Wasserläufe. Die Strömung war bei der Hauptquerung zwar schon zu spüren, aber gefährlich? Unter den gegebenen Bedingungen wohl eher nicht. Aber das ist durchaus positiv zu betrachten, denn einige Zentimeter mehr können eine Querung unmöglich machen. Und Lebensgefahr? Soweit geht mein Drang nach Abenteuer auch wieder nicht.

Das schwülwarme Delhi kennen zu lernen, war ein Erlebnis der unangenehmeren Art. Delhi selbst ist eine schöne Stadt mit vielen, großen Sehenswürdigkeiten. In dieser, doch eher wohlhabenden Stadt fällt die Armut im Gegensatz besonders ins Auge. Bettler überall im Zentrum, häufig verstümmelt. Durchaus denkbar, dass dies eine besondere Form der "Wertsteigerung" darstellt. Babys, wenige Wochen alt, nackt auf dem Asphalt liegend, wecken das Mitleid der wohlhabenden Touristen und auch das der Einheimischen. Dem Mitleid sollte man NICHT nachgeben, auch wenn es schwer fällt. Es betteln kaum Menschen, die nichts haben, sondern Individuen, die bewusst auf diese Art Geld verdienen. Es ist sinnvoller, mit Spendengeldern Projekte vor Ort zu unterstützen, die die Selbstständigkeit fördern. Und dies möglichst ohne eine abschöpfende "Zwischenstation".

Auch für Indien stellt sich mir die Frage, ob ich noch einmal zurückkehren werde: Die von uns gewählte Höhe würde eher ein Nein als Antwort ergeben. Wenn ich mich auch an einem einzelnen Mooskissen im Gestein erfreuen kann, so bevorzuge ich doch eine Landschaft, die reicher an Pflanzen ist. Manali und dessen Umfeld hingegen sind sehr angenehm, wählt man eine Unterkunft außerhalb des direkten Zentrums.

Nicht zuletzt durch die netten Helfer vor Ort würde ich ein "Ja" daher durchaus in Betracht ziehen - wäre da nicht die Empfindlichkeit meines Magens... vorerst wird meine Wahl daher auf die Alpen fallen.

Mit einem herzlichen "Namaskar" - Ilja

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